Anzeige (Rezensionsexemplar)
Der Tod seines besten Freundes Tyler hat eine tiefe Narbe in der Seele von Samuel Baudelaire hinterlassen. Trost erfährt er weniger von seinen Mitmenschen, dafür flüchtet er sich in die schier endlosen Weiten der beruhigenden Literaturwelt. In der örtlichen Buchhandlung trifft Sam auf Adam, einen seiner Mitschüler, die Sams Leben lieber ruinieren, als es zu bereichern. Doch Adam ist anders: Er lässt in Sam Gefühle erwachen, die er nur schwer zulassen kann. Es sind die Tagebücher seines Großvaters Charles, die Sam letztendlich die Augen für die wichtigen Dinge im Leben öffnen, allem voran die Liebe. Kann Sam diese Erkenntnisse in der realen Welt, fernab der alten Tagebuchseiten, für sich nutzen?
ACHTUNG minimale SPOILER
Ihr lest auf eigene Gefahr!
In Love with Adam ist nach Closer von Nala Layden die zweite Gay Romance, die ich lesen darf und die erste, die ich näher besprechen werde. Normalerweise ist das überhaupt nicht mein Genre, doch dieses Debüt wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Noch bevor ich mit In Love with Adam startete, las ich, sozusagen als Einstimmung, einige Rezensionen zu bereits veröffentlichten LGBT-Romanen, weil ich wissen wollte, worauf die Leser*innen achten, ob sie bestimmte Aspekte besonders hervorheben und so weiter. Dabei fiel mir auf, wie vor allem fehlender Tiefgang bemängelt oder ein zu einfacher, nicht literarischer Schreibstil als Kritikpunkt angegeben wurde. An beidem fehlt es In Love with Adam nicht: Der Schreibstil ist das Highlight des Romans, was ganz klar für das Talent des Autors spricht. Wie sieht es im Detail mit dem Tiefgang aus?
Hier hatte ich mehr erwartet
Oben deutete ich bereits an, dass Sam Baudelaire kein leichtes Leben hat. Daran ist nicht nur das Mobbing durch seine Mitschüler Schuld. Nach dem Unfalltod seines Freundes Tyler verfiel Sam in eine Depression, die er dank einer medikamentösen Behandlung und dem Besuch eines Therapeuten in den Griff bekam. Die Schilderung dieser schweren Laster ist die besondere Fähigkeit des Autors. Sie machen aus Sam einen Protagonisten, den man so schnell nicht vergessen wird. Gerade, weil das Thema Depression eine so untypische Storyline für eine Gay Romance ist, hatte ich auf eine stärkere Präsenz gehofft, vielleicht, um den Genrekonventionen einen ordentlichen Tritt in den Hintern zu verpassen.
Unglaublich gerne hätte ich als Leser an einem von Sams Therapiebesuchen teilgenommen! In diesem außergewöhnlichen jungen Mann schlummert, so glaube ich zumindest, vieles mehr, woran er mich auf den knapp 300 Seiten nicht teilhaben ließ. Das Potential war schier unendlich groß und ist nicht immer voll ausgeschöpft worden.
Vom Moment des ersten wirklichen Aufeinandertreffens an war klar: Adam empfindet mehr als nur Freundschaft für Sam. Wann hat das begonnen? Wieso hat er Sam nicht vorher damit konfrontiert? Warum musste Sam sozusagen den ersten Schritt machen und den Kontakt aufnehmen? Wo kamen Adams Gefühle her? Ich bin nicht unbedingt ein Fan von Romanen, deren Narration unter mehreren Protagonisten aufgeteilt wird. Diesem Buch hätte das sehr, sehr gut getan, um eben den Aspekt „Adam liebt Sam, weil …“ direkter herauszuarbeiten und dem Ursprung der Romantik von Adams Seite aus auf den Grund zu gehen.
Ich hatte nicht selten das Gefühl, als ginge alles einen Tick zu schnell, gerade zum Finale hin. Zwischen dem Happy-End und dem High-School-Abschluss lagen Monate, abgehandelt wurde dieser große Zeitrahmen in ein paar Zeilen. Wie kommen Sam und Adam als Paar bis zur Zeugnisvergabe zurecht, was erleben sie? Wie ist es für Sam, in love with Adam zu sein?
Leseempfehlung: Ja oder Nein?
Falls das alles negativ und abschreckend für Euch klingt, seid unbesorgt: In Love with Adam lohnt sich! Was mir gefehlt oder nicht gut gefallen hat, ist für Euch möglicherweise nicht der Rede wert. Ich kann nichts weiter tun, als eine klare Leseempfehlung auszusprechen! <3 Habt so viel Spaß mit Sam und Adam wie ich, leidet mit den beiden und genießt ihre junge Liebe. Worauf ich noch gar nicht eingegangen bin: Die Tagebücher von Sams Großvater Charles. Schon als Liam das Projekt zum ersten Mal ankündigte und nach Testlesern suchte, stand für mich fest, dass der Tagebuch-Aspekt der Geschichte eine besondere, einzigartige Note verleihen würde und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Hin und wieder habe ich mich sogar an Philippe Bessons Hör auf zu lügen (meine Rezension dazu findet Ihr hier) erinnert gefühlt – ein größeres Kompliment kann ich nicht aussprechen! 😀
Was ich noch anmerken möchte
Die nachfolgende Kritik hat allenfalls entfernt mit dem Autor zu tun. Sie ist hauptsächlich an das Lektorat/Korrektorat/wer immer sich zuständig fühlt gerichtet. Es sind Kleinigkeiten, die ich benennen muss. Sobald ein Buch den Schreibtisch des Autors verlässt und zwecks Veröffentlichung durch fremde Hände wandert, wird es zu einem Gemeinschaftswerk, an dessen Genauigkeit nun andere mit beteiligt sind.
- Die Schreibweise „Mum“ entstammt dem britischen Englisch. In Love with Adam spielt im fiktiven Ravenswood in West Virginia und demnach in den USA, weshalb „Mom“ nicht nur passender, sondern grammatikalisch die einzig richtige Darstellung ist.
- Charles Baudelaire stirbt am Abend des Homecoming-Balls. Homecoming findet traditionell – mit anderen Worten immer – Ende September/Anfang Oktober statt, also zum Herbstanfang. Als Charles beerdigt wird, ist in Ravenswood bereits Winter (siehe Anfang Kapitel 8). Wenn der arme Mann also nicht fast eine komplette Jahreszeit auf seine Beisetzung gewartet hat, ist da wohl was schief gelaufen :p
- Das Cover passt überhaupt nicht zur Geschichte. Es fügt sich mit den Covern der anderen Veröffentlichungen des Verlages, doch es gibt nicht wenige Leser, die eine Geschichte aufgrund ihres Äußeren beurteilen und deren Erwartungen bei In Love with Adam demnach enttäuscht werden könnten. Ich hoffe sehr, dass die Leser*innen sowohl Cover als auch Klappentext nicht beachten, der Geschichte und dem Autor eine Chance geben.
Fazit
Stellenweise wäre eine detailliertere beziehungsweise tiefgründigere und genauerer Ausarbeitung der Handlung schöner gewesen. Möglichkeiten, das Buch über 288 Seiten zu bringen, gab es zur Genüge. Dadurch wäre es für mich zu einer runderen Geschichte geworden. Das ist im Grunde genommen die einzig wirkliche Kritik, die ich an dem Buch lassen kann. Es ist keine typische Gay Romance (ja, das kann ich schreiben, obwohl ich so wenig aus diesem Genre lese), und das ist auch gut so. In der Nachbetrachtung ist Sam einer der besten Protagonisten, die ich jemals lesen durfte. Bloß habe ich den Eindruck, als blieb einiges unbeantwortet.
Mehr, mehr, mehr. Das wünsche ich mir nicht nur von In Love with Adam, sondern abschließend und grundsätzlich von Liam Erpenbach. Schreib! Du hast etwas zu sagen, das wird mit In Love with Adam mehr als deutlich. Lass es raus! 😉
4.0 / 5.0 Sternen
P.S.: Ihr habt nach Someone New Lesebedarf? Dann solltet Ihr entweder zu In Love with Adam greifen, oder Ihr schaut Euch die Tipps aus diesem Beitrag an!
Zur Sache
Titel: In Love with Adam
Autor: Liam Erpenbach
Verlag: Forever
Erschienen: 04. Februar 2019
Seiten: 288 (eBook)
Preis: EUR 3,99
*Rezensionsexemplar*
Transparenz
Bei dem Buch handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, zur Verfügung gestellt von Autor und Verlag.
Lieber Rene,
die Rezension finde ich klasse! Sehr gut nachvollziehbar und macht neugierig auf das Buch. Auf meiner Leseliste steht es auf alle Fälle 🙂
Besonders aber die Fehler, die dir aufgefallen sind, finde ich gut! Ich weiß gar nicht mal, ob mir das beim ersten Lesen wohl aufgefallen wäre? Mit den Zeiten auf alle Fälle, aber mit Mum/Mom? Mmhh. Aber super erkannt!
Liebe Grüße
Yvonne 🙂
Hallo Yvonne,
Danke für deine Antwort. Freut mich, dass es das Buch auf deine Liste geschafft hat. Ich bin schon sehr auf deine Rezension gespannt.
Alles Liebe, René