Anzeige (Rezensionsexemplar)
„Ein Mord, das zieht immer, egal, was einer öffentlich sagt […].“
Eigentlich bin ich jemand, der sich von Hypes um Bücher nicht (mehr) anstecken lässt. Die überaus positiven Rezensionen aus dem Vereinigten Königreich zu Richard Osmans The Thursday Murder Club haben mich dann doch nicht kalt gelassen. Umso froher war ich, als Ullstein bzw. List die Übersetzung Der Donnerstagsmordclub ankündigte…
„Der Donnerstagsmordclub – Herzlich willkommen!“
Eine luxuriöse Seniorenresidenz ist der Schauplatz der Krimireihe von Richard Osman, der in Großbritannien vor allem als Fernsehmoderator bekannt ist. Ähnlich wie Graham Norton, der neben dem Moderieren seiner Graham Norton Show ebenfalls Romane schreibt. In Coopers Chase wohnen betagte, ältere Menschen und genießen ihre Lebensabende. Dass das nicht immer spannungsgeladen ist, dürfte klar sein. Umso aufregender, als ein Mord vor der eigenen Haustür passiert! Das ruft den Donnerstagsmordclub auf den Plan. Der Club trifft sich jeden Donnerstag, um sich ungeklärten Mordfällen anzunehmen. Bisher waren die frühere Geheimagentin Elizabeth sowie Ron, ehemaliger Gewerkschaftsführer, und Ibrahim, vor seiner Rente Psychiater, die einzigen Mitglieder. Joyce, die erst vor kurzem nach Coopers Chase zog, stößt zufällig zum Trupp dazu und hilft beim Ermitteln im neusten Fall …
Kennst du das, wenn du mit einer besonderen Erwartungshaltung und Bücher heran gehst, glaubst, dir absolut sicher zu sein, welche Geschichte dich erwartet? So war das mit mir und dem Donnerstagsmordclub. In einigen Aspekten war es gut, dass ich überrascht wurde. Oftmals waren meine Erwartungen allerdings zu hoch und konnten nicht erfüllt werden. Schön finde ich, dass man die vier Senior*innen außerhalb des Clubs erleben darf. Man lernt jede*n der vier kennen. Das macht die Figuren lebensecht, sie sind kein typisches Ermittler*innen-Abziehbild. Besonders wichtig, da es sich bei Der Donnerstagsmordclub um den Auftakt einer Reihe handelt. World- und character building sind dafür das A und O. Das löst Richard Osman hervorragend. Der Humor ist very british und stellenweise – nach meinem Empfinden – nicht ganz so political correct. In einer Szene spielt Elizabeth beispielsweise einen sexuellen Übergriff herunter. Da das ohne nachträgliche Einordnung oder Reflexion geschah, finde ich das unangebracht.
„Bis nächsten Donnerstag!“
Die Mischung aus Spaß und Ernst ist einer der Glanzpunkte des Romans. Trotzdem glaube ich, der Schreibstil ist nicht für alle geeignet. Ich persönlich habe über 50 Seiten gebraucht, um in die Geschichte zu finden und hatte den Glauben, jemals sowas wie Gefallen daran zu finden, schon fast aufgeben. Als der Donnerstagsmordclub seine Arbeit dann aufnahm, war alles gut. Wer hier Spannung erwartet, die auf die Stuhlkante treibt, ist fehl am Platz. Es sind die ruhigen Momente der Ermittlung, die Der Donnerstagsmordclub zu etwas Besonderem machen. Typisch Cozy-Krimi. Die große Schwäche der Geschichte sind ihre inhaltlichen Längen. Fast 500 Seiten sind entschieden zu viel für diese Literaturgattung. Vieles, was Richard Osman beleuchtet und ausführlich beschreibt, ist irrelevant und hätte getrost weggelassen werden können. Einer der Gründe, warum ich keinen guten Leseeinstieg hatte. Alles (vom alles auslösenden Mordfall bis zur Überführung) dauert schlichtweg zu lange.
Fazit
Whodunnits und Cozy-Crime sind Schlagworte, die Der Donnerstagsmordclub am besten zusammenfassen. Wer beides liebt, wird die vier Rentner*innen von Coopers Chase sehr schnell ins Herz schließen. Im Großen und Ganzen ein solider Roman und Reihenauftakt, der in den B-Noten ein paar Abzüge von mir bekommen hat. Der Handlungsaufbau und einige Plot-Elemente sorgten zwischendurch für einige Längen, die der Geschichte ihren Flow genommen haben. Es war zwar ein unterhaltsames, aber nicht durch und durch zufriedenstellendes Leseerlebnis. Dennoch bin ich gespannt auf den zweiten Teil der Reihe und hoffe, List/Ullstein legen recht zeitnah nach!
Alles Liebe,
René
P.S.: Im September erscheint The Man Who Died Twice auf Englisch. Schau dir gerne schon mal das Cover an!
P.P.S.: Du suchst ein klein wenig mehr Grusel? Dann auf zu meiner Rezension von Stephen Kings Später.
Zur Sache
Titel | Der Donnerstagsmordclub OT: The Thursday Murder Club |
Autor | Richard Osman Aus dem Englischen von Sabine Roth |
Verlag | List (Ullstein) |
Erschienen | 03. Mai 2021 |
Seiten | 464 |
Preis | € 15,99 |
*Rezensionsexemplar*