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Zur Sache
Titel: Clean
Autorin: Juno Dawson (ins Deutsche übertragen von Christel Kröning)
Verlag: Carlsen
Erschienen: 28. Juni 2018
Seiten: 400
Preis: EUR 17,99
Zum Inhalt
Willkommen in der Clarity-Entzungsklinik, dem Place-to-be für reiche, suchtkranke Teenager. Die neueste Patientin ist das Londoner It-Girl Alexandria Volkov, genannt Lexi. Eingewiesen von ihrem eigenen Bruder, nachdem sie beinahe an einer Überdosis gestorben wäre. Nur langsam gewöhnt sich Lexi dort ein. Widerwillig findet sie Gefallen an der guten Zeit, die sie nach Monaten voller Drogen- und Alkoholabstürze erleben darf. Zu ihren Bezugspersonen werden fünf Gleichaltrige, die eine ähnlichen Leidensgeschichte wie Lexi erlebt und den herausfordernden Genesungsweg noch vor sich haben. Da wären das bulimische Trans-Mädchen Kendall, Zwangsneurotiker Guy, Tablettenjunkie Saif, die esssüchtige Ruby und der sexabhängige Ex-Kinderstar Brady. Vor allem letzterer könnte für Lexi mehr als nur ein guter Freund sein und zu ihrem persönlichen Rettungsseil werden, das sie aus dem Suchtsumpf befreit …
Meine Meinung
Auf meinem Blog habe ich das Buch zum ersten Mal in den Buchneuheiten für den Monat Juni erwähnt. So optimistisch und voller Vorfreude ich damals noch war, so nüchterner wird diese Rezension ausfallen.
„Der Abstieg in eine neue Welt“
Juno Dawson entführt den Leser unverzüglich in die in Trümmern liegende Welt von Starlet Lexi Volkov. Dabei ist sie jedoch nicht auf dem Weg zu einer schillernden Party in SoHo, sondern wird von ihrem Bruder höchstpersönlich in den Entzug verfrachtet, nachdem sie beinahe an einer Überdosis Heroin gestorben wäre! Auch Engel können tief fallen…
Was auf den nächsten 100 Seiten passiert, hat meine Meinung über das Buch negativ beeinflusst. Dawson lässt sich für meinen Geschmack zu viel Zeit, bis der eigentliche Teil der Handlung beginnt. Oder zumindest die Art von Story, die mir der Klappentext suggeriert, beginnt einzusetzen. Grob gesagt ist nämlich von einer Geschichte über Freundschaft die Rede. Nur spielt diese nicht auf dem Schulhof, sondern in einer Entzugsklinik. Die Clique rund um Lexi lernt man erst nach gut einem Viertel kennen. Das hinterließ bei mir den Eindruck, alles drehe sich nur um Miss Volkov. Verwerflich ist daran ja erstmal nichts. Der Verlag hat schlichtweg anderes versprochen, der kurzen Inhaltsangabe auf dem Buchrücken nach zu urteilen!
Die Autorin hat das Buch aus Lexis Perspektive geschrieben. Dadurch erhält der Leser – was auch sonst – sehr tiefgreifende Informationen über ihre Vergangenheit und was sie möglicherweise dazu verleitete, von Daddy’s Girl zu Everybody’s Favourite Junkie zu werden. Meistens teilt sie ihr Erlebtes in Form von Rückblenden mit, während ihrer therapeutischen Sitzungen bei Dr. Goldstein, dem Leiter der Clarity-Klinik. Über den Inhalt möchte ich nichts verraten, um potentielle Interessenten an dem Buch nicht zu spoilern. Ich möchte nur schreiben, dass Lexis familiäre Probleme altbekannte Klischees aus Jugendbüchern aller Art sind. Der schwarze Fleck, der darüber hinausgehend auf ihrer Seele lastet, ist dafür umso authentischer für Juno Dawsons Roman.
„Hier hätte noch mehr aus dem Potential geschöpft werden können…“
Zu kritisieren habe ich zwei Punkte.
Erstens: Auch an dieser Stelle möchte ich nicht zu tief ins Detail gehen, da ich sonst einen wichtigen Plot Twist verraten würde. Juno Dawson hat in Vorbereitung auf das Schreiben von Clean wohl ein paar Filme zum Thema Drogen und Entzug gesehen und sich davon inspirieren lassen. Denn leider findet sich ein für die Stories allseits beliebtes Klischee (auch, wenn es ein sehr ernstes und trauriges ist) auch in Clean wieder und hat mir nur Augenrollen verursacht. Innovativ, jung, neu, frech, ist anders. Aufgewärmt, zu erwarten und langweilig trifft es in diesem Fall auf den Punkt.
Zweitens: Die Nebenfiguren – mehr sind Saif, Brady, Kendall, Guy und Ruby für mich nicht, auch, wenn das der Klappentext glaube ich etwas anders sieht – hat Juno Dawson viel zu wenig in den Verlauf der Geschichte eingebaut. Wir erfahren, welche Süchte es waren, die sie nach Clarity getrieben haben. Wir sehen, wie Lexi mit ihren neuen Freunden und Leidensgenossen interagiert und zum vermutlich ersten Mal seit sehr langer Zeit Spaß hat. Doch so ausführlich wie von Lexis Hintergrundgeschichte, ist von keinem einzigen der genannten Teenagern die Sprache. Am meisten erfährt der Leser noch über Bradys Werdegang und was ihn in die Klinik getrieben hat. Das hätte die Autorin umgehen können, indem sie den Roman aus unterschiedlichen Perspektiven schreibt.
„Was mir an Clean gefallen hat…“
[EVENTUELL SPOILER]
Ich habe die Entwicklung der Protagonistin sehr genossen. Darum geht es doch in einem guten Buch, oder irre ich mich? Lexi hat für ihr neues Leben hart gekämpft. Auch, wenn es nicht immer leicht war und es unterwegs genügend Versuchungen gab, die sie mit einem Fingerschnipp wieder zur alten Lexi Volkov hätten werden lassen können, hat sie nicht aufgegeben! Leider ist das nur eine positives Beispiel für viele negative. Denn nicht jeder hat so viel Glück wie Lexi und überlebt den Kampf gegen die Sucht.
Fazit
Clean ist kein typischer Young-Adult-Roman. Selbst, wenn hier und da versucht wurde, die üblichen Verdächtigen, wie die obligatorische Liebesgeschichte und familiäre Probleme der Protagonistin, einzubauen, steht nur eine Sache wirklich im Vordergrund: Die Sucht und der Ausweg.
Viel mehr Handlung steckt zwischen den knapp 400 Seiten nicht. Juno Dawson hält, was der Titel ihres Buches verspricht. Es ist eine Story über das Clean werden. Erzählt aus der Sicht einer jungen Frau, die auf dem Befreiungsweg aus der Abhängigkeit ganz nebenbei endlich zu sich selbst finden muss, wenn sie überleben möchte. Ein durchaus lesenswertes Buch für hauptsächlich jung beziehungsweise jugendlich. Ich glaube, Erwachsene werden an Clean nicht allzu viel Freude finden. Für sie existieren andere Werke, die noch tiefer und schonungsloser in die Materie hinab gleiten. Für Menschen, die mit Suchterkrankungen bereits in Berührung gekommen sind – in welcher Form auch immer – und nun darüber lesen möchten, bietet Clean dennoch einen angemessenen Einstieg.
Kennt Ihr Bücher mit ähnlichen Geschichten, wie sie in Clean erzählt werden? Mir würde auf Anhieb nur Wir Kinder vom Bahnhof Zoo einfallen. Habt Ihr Tipps, dann schreibt sie mir gerne in die Kommentare. 🙂
Ich wünsche Euch einen schönen Tag!
René
P.S.: Etwas New Adult gefällig? Hier könnt ihr meine Rezension zu Sarina Bowens The Ivy Years – Bevor wir fallen lesen!
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