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Zur Sache
Titel: Die Unsterblichen
Autoren: Chloe Benjamin (ins Deutsche übertragen von Norbert Möllemann)
Verlag: btb
Erschienen: 29. Oktober 2018
Seiten: 480
Preis: EUR 20,00
*Rezensionsexemplar*
(zur Verfügung gestellt vom Bloggerportal und dem Verlag)
Zum Inhalt
Was würdest Du tun, wenn Dir eine Wahrsagerin das exakte Datum deines Todes vorhersagen könnte? Wie würdest Du Dein Leben bis zum Tag X führen? Diese Fragen versucht Chloe Benjamin in ihrem Roman Die Unsterblichen aus der Sicht der Geschwister Gold zu beantworten. Varya, Daniel, Klara und Simon suchen im Sommer 1969 die Hellseherin aus der New Yorker Hester Street auf, um den Zeitpunkt ihres Ablebens zu erfahren. Nicht jedes Geschwisterkind glaubt an die Aussagen der Frau. Bis Simon und Klara zur Westküste aufbrechen und das Schicksal seinen Lauf nimmt. Vom San Francisco der 80er, über Las Vegas, 9/11 bis in die Zukunft: Während die Welt passiert, nehmen die Golds an ihr teil, mit dem Wissen, wie lange sie noch auf Erden weilen werden. Werden sich die Prophezeiungen der Wahrsagerin wirklich erfüllen? Oder ist jeder am Ende seines (Un)Glückes Schmied?
Die wichtigsten Figuren:
- Varya Gold (13 Jahre alt, zum Zeitpunkt des Prologs 1969)
- Daniel Gold (11 Jahre alt, zum Zeitpunkt des Prologs 1969)
- Klara Gold (9 Jahre alt, zum Zeitpunkt des Prologs 1969)
- Simon Gold (7 Jahre alt, zum Zeitpunkt des Prologs 1969)
- Gertie Gold (Mutter der Kinder, Ehefrau von Saul)
- Saul Gold (Vater der Kinder, Ehemann von Gertie)
Meine Meinung
Die Unsterblichen beginnt mit einem Prolog, der das weitere Geschehen des Romans ideal einleitet. Die vier Golds hören von einer außergewöhnlichen Frau, die ihren Kunden vorhersagen kann, wann sie sterben werden. Klara ist sofort Feuer und Flamme, die älteren Geschwister Varya und Daniel sehen dem Besuch bei der Wahrsagerin ernüchternd entgegen und der Jüngste, Simon, steht irgendwie zwischen den Stühlen. Neben dem Prolog ist das Buch in vier Teile gegliedert; jeder Abschnitt legt den Fokus auf ein anderes Geschwisterkind.
Die Schwachpunkte in der Ausarbeitung der Unsterblichen
Die erzählte Zeit in Benjamins Werk ist einer der negativen Punkte, die ich mir notiert habe. Abgesehen von historischen Begebenheiten (vor allem in Teil 1, wie beispielsweise das Vorkommen von Harvey Milk) bekommt man nicht richtig mit, wie die Jahre an den Protagonisten vorbeiziehen. Aus Simon wird zum Beispiel innerhalb von 20 Seiten ein Theaterschauspieler. Ich glaube, Chloe Benjamins Protagonisten leider an den Ambitionen der Autorin. Dadurch, dass sie vier Biografien in einem Roman von knapp 500 Seiten unterbringen muss, sind das Abstriche, die gemacht werden müssen. In meinen Augen ist das leider verschenktes Potential. Das führt mich zu Punkt 2 meiner Kritik, …
… die fehlenden Emotionen: Die Beschreibung der Lebensläufe der Golds bleibt sehr oberflächlich und unbewegt. Gerade wenn um das Thema Tod geht, sind individuelle Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt umso mitreißender. Benjamin wählte den allwissenden Schreibstil. Das möchte ich gar nicht kritisieren, denn die Ausdrucksweise der Autorin ist einwandfrei. Norbert Möllemann, der Übersetzer, hat tolle Arbeit geleitstet! Der Schreibstil macht Die Unsterblichen für mich besonders und verleiht dem Buch etwas klassisches. Dennoch hätte die Autorin nicht vor dem emotionaleren Schreiben zurückschrecken dürfen. Das hätte den Roman wirklich einzigartig werden lassen, aber wohl gleichzeitig den Rahmen gesprengt.
Können die Worte einer Wahrsagerin dein Leben verändern?
Der Dreh- und Angelpunkt der Story ist das Wissen über das eigene Todesdatum. Mit dem Wissen der Frau aus der Hester Street ausgestattet, verstreut es die Golds quer über Amerika. Jeder einzelne Teil des Buches ist auf seine Art gesehen einzigartig. Am besten gefallen hat mir Teil 1 über Simon Gold. Im San Francisco der 80er wird Simon Mitglied der örtlichen Schwulengemeinde und Chloe Benjamin gelingt es, den damaligen Zeitgeist sehr real wiederzugeben. Meiner Meinung nach nahm der Spannungsbogen im Verlauf des Buches kontinuierlich ab. Die Geschichte über Daniel Gold, die das meiste Potential hatte (Militärarzt, 9/11 – so wurde es zumindest in der Buchbeschreibung angedeutet), erwies sich im Nachhinein als die schwächste.
Die Unsterblichen ist einer dieser Romane, die unwillkürlich zum Nachdenken anregen. Wie würdest Du leben, wenn Du wüsstest, wann deine Zeit auf Erden endet? Ist das ein Segen? Ist es der größte Fluch, den es geben kann? Am Ende des Tages sind es die Worte einer Frau gewesen. Besiegelt man sein Schicksal selbst, wenn man ihnen Glauben schenkt? All das sind Fragen, die mich während des Lesens beschäftigten. Konnten mich vor allem die ersten beiden Abschnitte um Simon und Klara überzeugen, gelang es der Autorin nicht, in mir das gleiche Gefühl für Daniels und Varyas zu wecken. Vor allem in Teil 3 und 4 gab es den ein oder anderen Plot Twist, der aus dem Nichts kam, die Geschichte nicht voranbrachte und für dessen Verwendung es keinen ersichtlichen Grund gab – außer vielleicht, den Roman schneller zu Ende zu bringen.
Fazit
Warum ich dennoch eine klare Leseempfehlung für Die Unsterblichen ausspreche? Das Buch ist eines derer, die man einfach gelesen haben muss. Hier geht es um so viel mehr als ein Wunderwerk der Literatur. Chloe Benjamin schafft es, mit den Geschwistern Gold in mir das auszulösen, was ich mir von einem Drama wünsche: Interessante Familiengeschichten, Inhalte zum Überdenken, Protagonisten, die mich bewegen …
4.0 / 5.0 Sternen
Werdet Ihr Die Unsterblichen lesen? Wann hat Euch ein Buch das letzte Mal nachdenklich gestimmt? Verratet es mir in den Kommentaren. 🙂
Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend!
René
P.S.: Kennt Ihr schon meine Rezension zu Liebe in Reihe 27? Wenn nicht, dann hier entlang!
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