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Anima Bile, Nancy Herz und Sofia Nesrine Srour: Drei junge Frauen; Muslimas, Feministinnen, Bloggerinnen. Sie setzen sich mitunter für Meinungsfreiheit ein, prangern negative Sozialkontrolle an, …
Im Gemeinschaftsprojekt Schamlos brechen sie mit den großen Tabus, mit denen sich ihre Kultur selbst im 21. Jahrhundert noch auseinandersetzt. Entstanden ist ein Buch, das eine große Bandbreite an Genres abdeckt: Vom Aufklärungsbuch über den Verhaltensratgeber bis hin zur Kurzbiografie.
Ich wünsche Euch eine angenehme und lehrreiche Lesezeit: Zuerst für meine Rezension und danach selbstverständlich für Schamlos selbst. Glaubt mir, es lohnt sich!
Zu Beginn meiner Buchbesprechung möchte ich Euch die drei Autorinnen ein bisschen näher vorstellen. Mir waren die Frauen vorm Lesen von Schamlos kein Begriff, was an sich ein kleiner Skandal ist, denn sie haben in ihren jungen Jahren bereits Beeindruckendes erreicht. Mit der Bewegung „Schamlose Mädchen“ sorgten sie für mediales Aufsehen.
Anima Bile
Die 1998 geborene Amina Bile engagiert sich in ihren jungen Jahren bereits politisch und war mit 18 Jahren schon eine Parlamentskandidatin für eine Linkspartei in Norwegen.
Sofia Nesrine Srour
Die älteste der Autorinnen ist Sofia Srour. Geboren in Schweden im Jahr 1994, wuchs die Libanesin in Norwegen auf. Sie ist Jurastudentin in Oslo und schreibt als freiberufliche Journalistin für eine norwegische Tageszeitung.
Nancy Herz
Nancy Herz wurde 1996 geboren und hat, wie ihre Kollegin Sofia, libanesische Wurzeln. Sie ist Autorin und Journalistin.
Meine Meinung zu Schamlos
Schamlos verbindet unterschiedliche Elemente zu einem Buch: Es gibt beispielsweise Gespräche, in denen die drei Autorinnen abwechselnd zu Wort kommen und über die Kernthemen diskutieren. Diesem Austausch gehen immer sehr kurze Geschichte voraus, die das kommende Anliegen schildern und den Leser einstimmen. In Einen Freund haben erzählt Anima Bile wie es sich für ein muslimisches Mädchen anfühlt, mit dem Gedanken leben zu müssen, dass sie der Hidschab womöglich davon abhält, einen Partner zu finden. Im darauffolgenden Wortwechsel diskutieren Bile, Herz und Srour dieses Thema dann ausführlicher. Ich für meinen Geschmack habe die kleinen Erzählungen in Schamlos am meisten genossen. Durch sie konnte ich besser nachempfinden.
Mir fehlten Infos zu den drei Autorinnen. Das hat mich beim Lesen ihrer Diskussionen ehrlich gesagt gestört, denn ich hatte kein wirkliches Bild von ihnen vor Augen: Wer sind sie, was tun sie, wofür stehen sie ein, …? Zumal man online auf die erste Suche nur spärlich Informationen findet, wäre eine derartige Ergänzung seitens des Verlages nett gewesen.
Zu Beginn meiner Meinungsäußerung habe ich bereits das nicht-lineare Erzählformat von Schamlos angesprochen. Es gibt, wie gesagt, Dialoge der Autorinnen und Kurzgeschichten, die den Großteil des Buches einnehmen. Aufgelockert wird dieser etwa durch Seiten, auf denen Pro- und Kontra-Argumente für den Hidschab angeführt werden. Sehr bewegend fand ich außerdem die kurzen Briefe der Autorinnen an ihre jüngeren Ichs.
Mehr „BÄM!“
Ich bin normalerweise keiner der Blogger*innen, die besonderen Wert auf die Aufmachung eines Buches legen. Für mich zählt einzig und allein der Inhalt. Eine Ausnahme bildet Schamlos: Ich MUSS einfach auf dieses unsagbar schön gestaltete Werk eingehen. Die Illustratorin ist Esra Røise. Ich liebe ihren Stil! Ich verstehe überhaupt gar nichts von Kunst, aber die Zeichnungen in Schamlos sind einfach grandios. Das Buch wird zweifelsohne einen Ehrenplatz in meinem Regal erhalten.
Kommen wir wieder zum Kern der Sache: Dem, was Schamlos durch seinen Inhalt an Mehrwert bietet. Beim Lesen hatte ich leider oft den Gedanken: „Das habe ich in Sendung xy schon gehört/gesehen“. Nun sei dazu gesagt, dass der Verlag die Zielgruppe ab 12 Jahren festlegt. Da falle ich mit meinen 23 Jahren deutlich raus, von daher ist es höchstwahrscheinlich normal, dass mir Vieles bekannt vorkommt. Mir gefiel gut, wie die Autorinnen diese bekannten Topics aufgriffen und einen neuen beziehungsweise ihren ganz persönlichen, Blick darauf warfen. Schaut unbedingt mal auf Twitter vorbei und sucht nach dem Hashtag #dearsister. Darunter posten Mädchen und Frauen Aussagen, die sie zu hören/lesen bekamen und die ihnen vorschreiben, wie sie sich zu verhalten haben. Stellenweise tauchen im Buch immer mal wieder themenbezogene „Ratschläge für ehrbare Mädchen“ auf. Diese Ergänzungen zählen für mich zu den Höhepunkten.
Trotzdem verbleibe ich mit der Lust auf mehr „Bäm!“. Noch mehr Schamlosigkeit, noch mehr Anprangern und Kritik am Status quo. Gerade, weil mir Einiges bereits bekannt war, blieben Überraschungen oder Schocks über die schamlosen Aussagen weitestgehend aus.
Fazit
Schamlos ist ein äußerst lesenswerter Erfahrungsbericht dreier Feministinnen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, für Aufklärung zu sorgen. Hier gelingt ihnen das, indem sie mit einer ausgewogenen Mischung an Ernsthaftigkeit und Humor die negative soziale Kontrolle unter Beobachtung stellen und für junge Muslims einen tollen Ratgeber schreiben, der hoffentlich so manches Leben erleichtern wird. Ich für meinen Teil habe nicht allzu viel Neues mitgenommen, würde aber dennoch behaupten, dass mich Bile, Srour und Herz wieder mehr sensibilisiert haben. Die tolle Aufmachung machen Schamlos zum schönsten Buch, das ich in meinem Regal habe. Die wichtige Botschaft und die Art der Autorinnen haben Schamlos zu meinem zweiten, großen Lesehighlight 2019 gemacht.
4.0 / 5 Sternen
P.S.: In meinem Lesemonat Februar findet Ihr weitere Buchtipps in Richtung Diversity!
Zur Sache
Titel | Schamlos OT: Skamløs |
Autorin | Amina Bile, Sofia Srour, Nancy Herz Ins Deutsche übertragen von: Maike Dörries |
Verlag | Gabriel (Thienemann-Esslinger) |
Erschienen | 11. Februar 2019 |
Seiten | 168 |
Preis | EUR 15,00 |
*Rezensionsexemplar*
Transparenz
Bei dem Buch handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, zur Verfügung gestellt vom Verlag und der Netzwerk Agentur Bookmark.
1 thought on “Schamlos ist ein lesenswerter Erfahrungsbericht und mein zweites Jahreshighlight: Rezension”