Wenn man einen Roman wie Someone New beendet hat, besteht nicht selten Redebedarf. Oftmals sehnt man sich nach dem Austausch mit anderen Bloggern/Bookstagrammern, was in den meisten Fällen genügt. Hat man danach immer noch Lust auf Mehr, möchte man am liebsten weiterlesen. So geht es zumindest mir. Nur was? Welche Bücher sind derart individuell, und dennoch ‚leicht‘ und gleichermaßen gesellschaftlich relevant? Darauf gebe ich Euch in diesem Blogbeitrag eine Antwort. Viel Spaß bei den nachfolgenden Zeilen! 🙂
ACHTUNG: Nachfolgende Bücher könnten eventuell wichtige Handlungspunkte von Someone New für Euch spoilern. Ihr lest auf eigene Gefahr!
Ich würde behaupten, Laura Kneidl ist die regierende Königin der Popkulturreferenzen in Deutschland. Es vergeht kein Kapitel, in dem sie nicht über Comics schreibt, Superheld*innen wie Batman und Wonder Woman erwähnt oder auf den neuesten Netflix-Streich zu sprechen kommt. Für mich als Novize der Comic-, Graphic-Novel- und Cosplay-Szene ist das besonders aufregend. Am Anfang von Someone New erwähnt sie ein Buch – oder den dazugehörigen Film? -, und das führt uns zu meinem ersten Buchtipp für Euch.
Simon vs. the Homo Sapiens Agenda– Becky Albertalli
Kaum ein Buch hat 2018 mehr Aufmerksamkeit bekommen als Love, Simon (beziehungsweise Nur drei Worte oder Simon vs. the Homo Sapiens Agenda). Verdient möchte ich sagen. Was Love, Simon und Someone New gemeinsam haben: Beide Bücher behandeln das Thema unfreiwilliges Coming-out. Becky Albertalli tut dies vordergründiger und positiver, obwohl es sich bei Simon um ein Zwangsouting durch einen Mobber handelte. Bei Laura Kneidl steht die Problematik eher in der zweiten Reihe, dafür stellt die Autorin das Outing der Figur Adrian Owens mit mehr Nachdruck dar. Adrian wurde von seinen Eltern im Bett mit einem anderen Mann erwischt, was in seinem Rausschmiss und das wiederum in der verzweifelten Suche seiner Schwester Micah nach ihm mündete. Schafft Kneidl mit ihrer negativeren Darstellung vielleicht einen realistischeren Umgang?
Ich bin ein vehementer Gegner überdramatisierter Coming-outs in Büchern. Es ist schön, dass LGBTQ-Thematiken vermehrt in aktuellen Romanen vertreten werden, klar. Geschieht dies, dann hauptsächlich auf Basis einer aufwühlenden Familiengeschichte. Ich finde, im Jahr 2019 gibt es einfach andere Anliegen der Community, die es verdienen, in Buchform behandelt zu werden. Aus diesem Grund ziehe ich meinen Hut vor Laura Kneidl. Sie greift in Someone New eben nicht auf dieses „beliebte“ Klischee zurück und schreibt mit einer abwechslungsreichen Sicht auf das Coming-out, wie es manche OwnVoice-Autoren im deutschen Raum bedauerlicherweise nicht hinbekommen.
Wenn Euch die Geschichte von Adrian berührt, dann solltet ihr Euch keinesfalls Love, Simon entgehen lassen!
This Is How It Always Is – Laurie Frankel
Dem Buchclub von Schauspielerin Reese Witherspoon ist es zu verdanken, dass ich auf This Is How It Always Is von Laurie Frankel aufmerksam wurde. Der belletristische Roman schildert den Umgang mit der Entscheidung des fünfjährigen Jungen Claude Walsh-Adams, als Erwachsener ein Mädchen sein zu wollen. Frankel schildert im Verlauf des Buches die Handhabung in der Familie, wie das Hüten eines Geheimnisses den Alltag beeinflussen kann und welche Auswirkungen das auf das Leben aller Beteiligten hat. Wie in Someone New, gibt es auch in This Is How It Always Is ein Nachwort, das mindestens genauso ein Must-Read ist wie der Roman an sich.
The Hate U Give – Angie Thomas
Gehe ich mit der Aussage „Laura Kneidl ist die deutsche Angie Thomas“ zu weit? Nach Someone New würde ich felsenfest behaupten: Ich glaube nein! Während Kneidl in Someone New mehrere gesellschaftlich relevante Themen, teilweise sogar hot topics aufgreift, beruft sich Angie Thomas in The Hate U Give auf ein Thema, das vor allem in den USA monatelang die Medienlandschaft beherrscht hat: Waffengewalt durch die Polizei gegenüber Schwarzen. The Hate U Give ist ein Buch, dass gesellschaftliche Diskussionen mit höherer Wahrscheinlichkeit anregt, weil es offensichtlicher vermarket wurde. Someone New verdient es jedoch nicht weniger, in aller Munde zu sein. Es ist ein Buch, über das man sprechen muss.
The Hate U Give, ein Jugendbuch, schildert den Umgang der 16-jährigen Starr Carter mit der Ermordung eines Freundes durch einen Polizisten bei einer Verkehrskontrolle. Nachdem der Schütze nicht verurteilt wird, kommt es in Garden Heights zu Aufständen und Starr wird ein zentrales Organ des Aktivismus. Fest steht: Someone New ist leichter. Man wird beim Lesen nicht erdrückt, wie es bei The Hate U Give möglicherweise der Fall sein könnte. Dennoch hat mich Micah Owens – die Protagonistin in Someone New – stellenweise an Starr Carter erinnert. Auch, wenn ich mir mehr Entschlossenheit in ihrer Suche nach ihrem Bruder Aidan gewünscht hätte.
The Bold World: A Memoir of Family and Transformation – Jodie Patterson
In der kommenden Woche erscheint mit The Bold World ein Non-Fictional-Book der Transgender-Aktivistin Jodie Patterson. Inspiriert durch ihren Transgender-Sohn Penelope, schrieb Patterson ein Buch über den Wandel einer Familie. Wie bestehende Erwartungen neu ausgerichtet und entstandene Hürden genommen wurden. Obwohl die Familie Penelope unterstütze, musste sie schnell feststellen, dass Penelopes Bedürfnisse und die eigenen Vorstellungen grundverschieden sind. Eine Zeit des Lernens brach an, in erster Linie für die Pattersons. The Bold World stellt Sexismus, Rassismus, Menschenrechte, Gendernormen und die eigene Identität in den Vordergrund.
Als ich Amanda wurde – Meredith Russo
Diesen Buchtipp verdankt Ihr dem lieben Timo von rainbookworld, der mich gebeten hat, die Liste um das ein oder andere Buch zu ergänzen.
Wie aus Sophia Julian in Someone New wurde, wurde aus Andrew Hardy Amanda. Der Young-Adult-Roman erzählt die Liebesgeschichte zwischen Amanda, die nach ihrer geschlechtsangleichenden Operation zu ihrem Vater nach Tennessee zieht, und ihrem Mitschüler Grant. Bis dato war mir das Buch unbekannt. Der Klappentext liest sich wahnsinnig interessant! Ich glaube, das wird direkt auf meine Wunschliste wandern.
What If It’s Us – Becky Albertalli & Adam Silvera
Für mich eines der Highlights des Lesejahres 2018: Die literarische Collaboration von Becky Albertalli und Adam Silvera What If It’s Us schildert die Sommerromanze zwischen dem Broadway-Fanatiker Arthur, der für ein Internship nach New York gekommen ist, und Ben, der noch an der Trennung von seinem Ex-Freund zu nagen hat. Eine Empfehlung vor allem für diejenigen unter Euch, die gerne mehr über Adrian Owens gelesen hätten. Ich persönlich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Laura für 2021 eine Gay Romance (wie ich das Wort hasse) mit Adrian im Fokus schreibt. Könnte Someone Different oder so heißen.
Am Ende sterben wir sowieso – Adam Silvera
Ein Buch, das ich noch immer ungelesen im Regal stehen habe (Schande auf mein Haupt). Ich schwöre feierlich, ich werde kein Tunichtgut mehr sein und 2019 endlich Am Ende sterben wir sowieso lesen. Seid nicht so dumm wie ich, kauft Euch dieses Buch und lest es sofort! Worum’s geht: Die etwas verrückte Geschichte wird aus der Sicht von Mateo und Rufus erzählt. Beide erhalten eine ominöse Nachricht. Sie besagt, dass beide noch am gleichen Tag sterben werden. Eine App namens „Last Friend“ sorgt für das Aufeinandertreffen der Zwei und für die vermutlich aufregendste Zeit ihres Lebens.
Two Boys Kissing – David Levithan
Zwei Teenager – Harry und Craig – möchten es ins Guinnessbuch der Rekorde schaffen. Welchen Rekord sie brechen wollen? Den für den längsten ununterbrochenen Kuss. 32 Stunden kleben Harry und Craig wortwörtlich an den Lippen des anderen. Mindestens so wichtig wie der Austausch von Körperflüssigkeiten sind die Reaktionen der Stadtbewohner auf die beiden sich küssenden Jungs.
Dumplin‘ – Julie Murphy
Dumplin‘ von Julie Murphy gehört für mich zu den emotionalsten Reads, die ich jemals bewältigen musste. Nicht, weil das Buch etwa so unfassbar gut geschrieben ist. Murphy erschuf mit Willowdean eine vielschichtige Protagonistin, wie sie die Literaturwelt nur selten erleben darf. Will – der vermutlich größte Dolly-Parton-Fan abgesehen von Dolly Parton selbst – ist so ganz anders wie all die jungen Mädchen, die mit ihrem Gewicht unzufrieden sind. Sie schert es nämlich einen Dreck, wie sie aussieht und wie sie möglicherweise auf andere wirkt. Die Selbstzweifel kommen zum Vorschein, als sie sich in Bo, einen Jungen aus der Stadt, verliebt. Um mit ihrem Nicht-Schlanksein besser umgehen zu können, nimmt Will am örtlichen Schönheitswettbewerb teil – was sonst?! Dumplin‘ sollten alle von Euch gelesen haben, die manchmal selbst vor dem Spiegel stehen und sich nicht wohlfühlen.
Ich hoffe sehr, Ihr konntet aus den neun Buchempfehlungen ein paar Tipps für zukünftige Lesemonate ergattern. Schreibt mir gerne in die Kommentare, welches Buch/welche Bücher Euch zusagen würden. Vielen Dank an rainbookworld für die freundliche Bitte um Unterstützung. Seine Tipps haben die Liste sehr schön ergänzt.
Ich wünsche Euch einen angenehmen Abend!
Alles Liebe,
René <3
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